Das Wasser des Lebens

Das Wasser des Lebens  

Und lange suchte ich nach dem Wasser des Lebens
als dann mir die hohle Weide zuraunte:
"Mitnichten gibt es auf Erden das Wasser des Lebens,
aber frag' doch die Sonne - kannst du soweit gehen."

Und ich ging.
Und entdeckte
unbegangene Wege,
überquerte Berge
mit blauen Gipfeln
und kam in ein Tal,
wo aus jedem Fels,
aus jedem Stein
Licht
hervorsprudelte.

Dort tanzten Regenbogen-Mädchen im Reigen,
einten die erhobenen Rechten
zum siebenfach flammendem Band.

Etwas abseits ruhte der struppige Donner
wie ein tief aus der Erde gegrabener
Wurzelstrunk.

Da und dort beugten sich wie Schnitter,
bündelten Blitze zu Garben,
Kräftige Gewitter.

Quirliger Regen  schoss  hinterm Baum hervor,                               
bespritzte mich aus einem goldenen Trichter.

Dick und zottig wie der Vielfraß lag da der Schnee
streckte von sich
faul die kräftigen Pfoten.
Ganz nah ging ich an ihm vorbei –
nicht mal den Kopf hob er.

In der Talsenke, im Garten, erblickte ich -
die Sonne,
gekleidet in dunkles Blau,

tiefer als das reifer Brombeeren.
 

Die Sonne ruhte auf einem weißen Stein
mitten im Gestrüpp freundlicher Windrosen.

Ich sagte schüchtern: "Sonne, Sonne!
Gib mir etwas vom Wasser des Lebens,
denn meine Geliebte ist zu Erde geworden,
und ich weiß nicht, wie sie wieder zum Leben erwecken!"

Die Sonne dachte nach und erwiderte traurig:

"Wasser des Lebens gibt es nicht auf Erden,
und auch nirgends sonst im großen Weltall.
Ich selbst schicke meine Kinder in die tiefen Himmel
nach dem Wasser des Lebens zu suchen:
Sie gingen auseinander und keines kehrte zurück,
nur ihre Gräber flackern über der Finsternis.

Selbst ich stehe nicht am Anfang der Blüte,
auch mir bleibt nur noch kurze Zeit zum Glänzen:
Jetzt bin ich golden, dann werde ich rot,
und dann werde ich sterben, und alles wird verstummen.

Kehre zurück nach Hause, suche nicht umsonst,
gebe auf die Hoffnung  - deine liebe Frau wieder zum Leben zu erwecken."

Die Sonne verstummte - und alle wurden traurig:
Die kräftigen Gewitter neigten ihre Köpfe,
Der lustige Regen ließ seinen Trichter fallen,
Der behäbige Schnee seufzte und schloss die Augenlider,
und die Regenbogen-Frischlinge auf der Wiese
stoben auseinander
wie ein Schwarm
erschreckter Täubchen.

 

 

Übersetzt aus dem Ukrainischen von Jurij Walkiw

aus dem Band "Honiglese"

von Volodymyr Svidzinsk