Lebensmittelkooperative

Lebensmittelkooperative

von Rebecca Walkiw, Projekt-Präsentation bei Mikropartner GmbH, München
22.06.2011

Die Menschen sind dazu fähig, große gesellschaftliche Änderungen herbeiführen, wenn sie sich ihrer Macht bewusst werden und das Ruder selbst in die Hand nehmen, indem sie beispielsweise zu Interessengemeinschaften zusammenschließen und Kooperativen bilden, die auf gemeinsame Ziele zum Wohle der Einzelnen wie auch der Gemeinschaft hinarbeiten. Das Ziel einer Lebensmittelkooperative ist es, einen direkten Einfluss auf die Lebensmittelerzeugung zu erlangen, indem man Obst und Gemüse selbst anbaut und erntet, wie es einst unsere Vorfahren getan haben. Meine uramerikanischen Vorfahren, die Cherokee-Indianer, haben große Gemeinschaftsgärten angelegt, die den ganzen Stamm ernährten. Wie meine europäischen Vorfahren aus Deutschland und England waren auch sie ein sesshaftes Bauernvolk. Die Lebensmittelkooperativen haben auch meine Großeltern und viele andere Amerikaner durch die Weltwirtschaftskrise der 30iger Jahre am Leben erhalten. Und nun um den Folgen der heutigen Weltfinanzkrise, des Klimawandels, des absehbaren Endes der fossilen Brennstoffe, der stets wachsenden Überbevölkerung bei immer knapper werdenden Naturressourcen und der wachsenden Macht der Agrarindustrie über unsere Ernährung entgegenzusteuern ist die Lebensmittel- bzw. Gartenkooperative Ansatzpunkt einer gemeinschaftlichen Strategie, um Obst und Gemüse nachhaltig und klimagerecht im Rahmen einer solidarischen und gemeinschaftlichen Ökonomie anzubauen.

Für bedürftige und geringverdienende Menschen stellt eine Lebensmittelkooperative eine menschenwürdige Alternative zur Deutschen Tafel dar, denn die Mitglieder einer Kooperative sind nicht auf Almosen angewiesen und bewahren somit ihre Souveränität und Selbstachtung. Eine Kooperative bindet ihre Mitglieder in einer Gemeinschaft ein, in der sie allesamt als gleichwertige Menschen erachtet werden und somit bei allen Entscheidungen und in die unterschiedlichen Aufgaben der Kooperative mit einbezogen werden, denn eine Kooperative funktioniert in der Regel mittels Arbeitsverteilung und kollektiver Verwaltung. Sie haben vieles mit demokratischen Bürgerinitiativen gemeinsam, denn sie zeichnen sich durch direktdemokratische Strukturen aus und sind vor allem für diejenigen Menschen interessant, die großen Wert darauf legen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und ohne Hierarchien arbeiten zu können. Die Mitglieder treffen Entscheidungen gemeinsam und jeder kann sich an dem Entscheidungsprozess beteiligen. Bei einer Lebensmittelkooperative handelt es sich um den Zusammenschluss von ehrenamtlich arbeitenden, gleichgesinnten Menschen, die gemeinsam ein Stück Land mit Obst und Gemüse bebauen und damit ihre Mitglieder ernähren. Die Beteiligten organisieren alle Ebenen der zu leistenden Arbeit – vom Obst- und Gemüseanbau über Lagerung bis hin zur Verteilung der Lebensmittel. Geld wird durch Arbeit ersetzt und als Lohn für die geleistete Arbeit erhalten die Mitglieder frisch geerntete Lebensmittel.

Finanzierung und kollektives Eigentum
Die Kooperative finanziert sich größtenteils über Mitgliedsbeiträge. Der Beitrag wird nach Selbsteinschätzung der finanziellen Möglichkeiten der individuellen Mitglieder festgelegt. Von den Beiträgen wird der Obst- und Gemüseanbau finanziert. Darüber hinaus beteiligen sich alle Mitglieder freiwillig und tatkräftig an der Arbeit in der Gartenkooperative. Der Ertrag des Obst- und Gemüseanbaus wird auf alle Mitglieder der Kooperative verteilt. Die Mitgliedsbeiträge sollen auch Rücklagen für materielle Anschaffungen und für einen eventuellen langfristigen gemeinschaftlichen Kauf der Gartenflächen bilden. Die Kooperative zielt nicht auf Profit ab, sie soll sich aber finanziell selbst tragen können. Materielle und eventuelle finanzielle Überschüsse werden in die Kooperative reinvestiert.

Beteiligung der Mitglieder an der Arbeit und am Leben der Kooperative
Die Lebensmittel- bzw. Gartenkooperative bietet seinen Mitgliedern die Möglichkeit die landwirtschaftliche Arbeit wiederzuentdecken, neue gemeinsame Erfahrungen zu machen und sich neues Wissen anzueignen. Ob hacken, jäten, ernten oder Gemüsekisten zusammenstellen, viele Arbeitsschritte werden gemeinschaftlich bewältigt. Jeder soll sich in Absprache nach seinen Fähigkeiten beteiligen können. Der Austausch von Fähigkeiten ist ein tragender Pfeiler der Kooperative. Der Bildungsanspruch der Kooperative beschränkt sich nicht auf landwirtschaftliches Wissen, sondern greift weitere Themen wie Nachhaltigkeit, Ernährungssouveränität, Energiekrise, Post-Erdöl-Gesellschaft und vieles mehr auf. Ähnliche Kooperative in den verschiedensten Lebensbereichen sind erstrebenswert, um eine größtmögliche Autonomie (Eigenständigkeit) aller Lebensbereiche zu verwirklichen. Am Ende steht die Vision einer Ernährungssouveränität und einer Unabhängigkeit vom Markt. Alles soll allen gehören, alle sollen alle unterstürzten.

Kooperativen bedeuten Vielfalt
Es gibt keine vorgegebene Struktur für eine Kooperative. Im Gegenteil, jede Kooperative ist anders. So wie die Menschen, aus denen eine Kooperative besteht, sich unterscheiden, so unterscheiden sich auch die Strukturen in den verschiedenen Lebensmittelkooperativen. Somit stehen sie für Vielfalt. Und Vielfalt bereichert eine Gesellschaft.

Nachhaltig anbauen
Eine möglichst große Vielfalt im Anbau und ein schonender Umgang mit den Energie-Ressourcen sowie das Einsparen an Wasser werden angestrebt. Durch eine Förderung der Bodenfruchtbarkeit und der Biodiversität im Garten, können beispielsweise Kohlen- und Stickstoff im Boden gelagert werden statt sie als klimaschädliche Treibhausgasemissionen an die Atmosphäre abzugeben. Erneuerbare Energiequellen werden ausprobiert. Energieeinsparung wird durch kurze Transportwege, den Rückbau maschineller Einsätze und durch Verzicht auf beheizten Anbau erreicht.

Düngen und Bodenfruchtbarkeit
Auf chemische Pflanzenschutzmittel und Dünger wird verzichtet, um die Böden, das Grundwasser, die Pflanzen, die Tieren und die Atmosphäre nicht zu belasten. Besonderer Wert wird auf die Verwendung biologisch-dynamischer Präparate gelegt, um Boden und Pflanzen gesundzuhalten.

Wo findet man diese Kooperativen?
Das Konzept einer Kooperative ist so alt wie die Menschheit selbst, aber wo findet man sie heute? Leider habe ich durch meine Internet-Forschung keine Kooperativen in München oder seine Umgebung gefunden. Sie haben hier in München während der 70iger Jahre angeblich floriert, wurden jedoch durch den Bioladen-Boom der 80iger Jahre fast völlig verdrängt. Schade, denn die Bioladen-Produkte kann sich das Gros der Bevölkerung gar nicht leisten. Wie man im Internet ja sehen kann, ist die Idee der Kooperative jedoch längst nicht ausgestorben. Sie hat sich nur in Schlummer gelegt und wartet wohl auf die nächste Weltwirtschaftskrise, um von den Menschen neuentdeckt und zum Leben wiedererweckt zu werden. Die Ansätze dafür sind schon da. Im Juli 2009 hat eine kleine Gruppe von Gärtnern und Klimaaktivisten aus Freiburg die Kooperative „Jardin de Cocagne“ in Genf besucht. Seit 30 Jahren versorgen sich dort bis zu rund 1000 Menschen mit lokal angebautem Gemüse. Inspiriert von dem erfolgreichen Konzept und dem solidarischen Leben in der Gartenkooperative, hat sich mittlerweile eine Gruppe engagierter Menschen gegründet, die sich regelmäßig trifft und konkrete Schritte plant, um in Freiburg, eine ähnliche Initiative umzusetzen.

Obwohl ich keine Lebensmittelkooperative in München gefunden habe, ist es dennoch bestimmt viel günstiger Gemüse direkt ab eine Gärtnerei zu kaufen. Und da bin ich fündig geworden. Man kann Münchner Frischgemüse aus umweltgerechtem Anbau beim Schamberger Gemüsebau kaufen. Dort gibt es Gemüse, Salate und Gewürzkräuter in großer Auswahl.

Adresse:
Schamberger Gemüsebau
Feldmochinger-Str. 12
80992 München (Moosach)
Tel: 089 14 22 26
E-Post: info@schamberger-gemuese.de

Öffnungszeiten für den Verkauf ab Gärtnerei sind ganzjährig:
Montag bis Samstag 8 bis 12 Uhr
Montag bis Donnerstag 15 bis 18 Uhr
Freitag- und Samstagnachmittag ist geschlossen

Sie erreichen Schamberger-Gemüseanbau mit öffentlichen Verkehrsmitteln:

Busse
Die Stadtbusse der Linien 36, 41 und 143 halten 400 Meter von Schamberger-Gemüsebau entfernt (Haltestelle Bingener-Straße).

Trambahn
Die Trambahn-Haltestelle der Linie 20 befindet sich 700 Meter entfernt in der Dachauer Straße (Haltestelle Wintrichring).

U-Bahn
Zur U-Bahn-Haltestelle der U1 (Haltestelle Georg-Brauchle-Ring) sind 600 Meter.